Friday, 9 July 2010

Eine Andacht für meine Schwiegereltern (Psalm 34)

My parents-in-law are so-called "Russian Germans," descendants from German immigrants to the Volga region in the 17th Century. These immigrants set up independent rural communities where their language and religion was preserved and where they prospered economically. During the Russian Revolution they suffered a first wave of persecution. Their crimes where manifold: they were private land owners, they were wealthy, they were largely religious, and they were German (for Stalin, ethnicity was already a problem to be eradicated before the onset of WWII). Through a process of brutal intimidation, murder, rape and forced expropriation these communities were gradually decimated and sent into forced labour. My wife's father was already born in a Siberian work camp (1938). The outbreak of the Second World War gave more fuel to the fire. In addition to the aforementioned crimes: the Germans were now "the enemy," by definition "Nazis." My wife's mother-in-law was born in the Ukraine in 1939, after expropriation and expulsion but before deportation to Siberia. I won't recount their fascinating tales (though a book ought to be written at some point). Their persecution continued right up until the 1970's (they were only allowed to leave their villages after the '50s, but even then their religious faith and ethnicity hindered them from progressing in society), when, after years of struggle, brave demonstration and international pressure, my wife's parents joined the first wave of "returnees" to Germany in 1977 (Germany is the only country in the world apart from Israel to have a "law of return"). They had to leave everything behind, including savings, and start from scratch.

Last year my mother-in-law celebrated her sixtieth birthday in the midst of a large and blessed family (6 children; the 10th grandchild - courtesy of us - is on the way :)). I did the "Andacht," based on Psalm 34, and this is what I said (their names have been changed):

Psalm 34, 1-11.18-20.23

Ein Psalm Davids—als er seinen Verstand vor Abimelech verstellte, dieser ihn vertrieb und er wegging.

Ich will den herrn loben allezeit;

sein Lob soll immerdar in meinem Munde sein.

Meine Seele soll sich rühmen des Herrn,

daß es die Elenden hören und sich freuen.

Preiset mit mir den Herrn

und laßt uns miteinander seinen Namen erhöhen!

Als ich den Herrn suchte, antwortete er mir

und errettete mich aus aller meiner Furcht.

Die auf ihn sehen werden strahlen vor Freude,

und ihr Angesicht soll nicht schamrot werden.

Als einer im Elend rief, hörte der Herr

und half ihm aus allen seinen Nöten.

Der Engel des Herrn lagert sich um die her, die ihn fürchten,

und hilft ihnen heraus.

Schmecket und sehet, wie freundlich der Herr ist.

Wohl dem, der auf ihn trauet!

Fürchtet den Herrn, ihr seine Heiligen!

Denn die ih fürchten, haben keinen Mangel.

Reiche müssen darben und hungern;

aber die den Herrn suchen,

haben keinen Mangel an irgendeinem Gut.

Wenn die Gerechten schreien, so hört der Herr

und errettet sie aus all ihrer Not.

Der Herr ist nahe denen, die zerbrochenen Herzens sind,

und hilft denen, die ein zerschlagenes Gemüt haben.

Der Gerechte muß viel erleiden,

aber aus alledem hilft ihm der Herr.

Der Herr erlöst das Leben seiner Knechte,

und alle, die auf ihn trauen, werden frei von Schuld.

Liebe Lilly, lieber Peter,

David wurde von Samuel schon im 1. Sam 16 als König gesalbt, nachdem Gott Saul für seine Sünde verworfen hat. Ab diesem Zeitpunkt war David in Gottes Augen schon der wahre König von Israel. Nichtdestotrotz, hat es lange gedauert bevor diese Wirklichkeit sichtbar werden konnte. Inzwischen wurde David von Saul durch ganz Israel gejagt. David musste viel in seinem Leben leiden, und ich kann mir vorstellen, dass es ihm schwer gefallen ist zu glauben, dass er der wahre König war. Er war der König, aber für lange blieb es nur eine Verheißung. Er war schon gesalbt, aber noch nicht eingesetzt. Dieser Psalm ist in dieser Situation enstanden—diese spannungsvolle Zeit zwischen der Verklärung seiner Königschaft und das sichtbare Eintreten dessen Wirklichkeit. Die Geschichte können wir nachlesen im 1. Sam 21:10-15:

Und David machte sich auf und floh an jenem Tage vor Saul und kam zu Achis, dem König von Gat. Da sprachen Achis' Knechte zu ihm: Ist das nicht David, der König des Landes? Ist das nicht der, von welchem sie im Reigen Sangen: “Saul hat seine Tausend geschlagen, David aber seine Zehntausend!” Diese Worte nahm sich David zu Herzen und fürchtete sich sehr vor Achis, dem König zu Gat. Und er verstellte sich vor ihnen und raste unter ihren Händen und kratzte an den Türflügeln, und ließ den Speichel in seinen Bart fließen. Da sprach Achis zu seinen Knechten: Ihr seht doch, daß der Mann verrückt ist? Was bringt ihr ihn denn zu mir? Fehlt es mir etwa an Verrückten, daß ihr diesen Mann hergebracht habt, damit er gegen mich tobe? Sollte der in mien Haus kommen?

Der wahre König Israels sucht Zuflucht vor dem Falschen. Er muss sich vor den Heiden verrückt verhalten, um überhaupt überleben zu können. Was für ein Paradox! Wieso lässt Gott das zu? Irgendwie ist Davids Erfahrung ein geheimnisvolles Muster für alle Kinder Gottes —Königskinder, die so leben müssen, als ob diese Wirklichkeit gar nicht stimmen würde. Laut der Bibel, sind alle von uns in diesem Raum Gottes Kinder. Wir werden eines Tages leuchten wie die Sterne und neben unserem Vater auf Thronen sitzen. Er wird uns eine Krone geben und reine, weiße Kleider. Diese zukünftige Wirklichkeit gilt uns jetzt. Wir sind jetzt Könige, auch wenn es nicht so aussieht. Auch wenn es leicht ist zu glauben, dass die dunklen Mächten dieser Welt die wahren Herrscher sind. Dieses können wir von David lernen: nicht aufzugeben, an unsere wahre Identität zu glauben; “am Ball” bleiben, in Gehorsam und Vertrauen, bis die Wirklichkeit eintritt.

Aber David hat uns viel mehr zu sagen! Wir können viel mehr von ihm lernen. Nicht nur hat er an der Verheißung festgehalten, trotz seiner alltäglichen Erfahrungen, er hat auch immer wieder “geschmeckt, dass der Herr gut ist” (Ps 34, 9). Auch bevor er König wurde, hat er erfahren, dass der Herr ihm antwortete und ihn errettete (V. 5). Wie David müssen wir oft durch das finstere Todestal gehen, bevor wir endlich ans Ziel kommen. Aber, wie wir in diesem Psalm sehen, gab es immer wieder Hoffnungszeichen. Der Herr handelt! Auch jetzt, vor der Vollendung aller Dinge, kann Gott uns erretten “aus aller unser Furcht” (V. 6). Auch im Jammertal des Lebens gibt es genug Gelegenheiten für unsere Gesichter zu strahlen (V. 6). Wir sind nicht allein und dürfen erfahren, dass Gott wirklich bei denen ist, “die ihn fürchten”.

David hat mal gelitten, mal gejubelt. Und was tut er, wenn er jubelt? In diesem Psalm sehen wir, dass er an diejenigen denkt, die elend sind! Wie er sagt: “Meine Seele rühme sich des Herrn; die Elenden sollen es hören und sich freuen” (V. 3). Seine Heilserfahrung wird zum Anlass, diejenigen zu ermutigen, die immer noch im Dunkeln sitzen. Er kann ihr Leid vielleicht nicht theologisch erklären; er kann keine einfache Antwort geben, wieso sie so elend sind. Aber er kann aus eigener Erfahrung sagen: “Bleib am Ball! Gebt nicht auf! Suchet den Herrn mit aller Kraft und er wird Handeln. Ich weiß es und verspreche es euch!” Und so wird David, durch sein Leid hindurch, zum Vorbild für Andere, die seinen schwierigen Weg noch nicht gegangen sind. Sie können auf ihn schauen und Hoffnung bekommen, dass Gott auch für sie eintreten wird.

Und das, liebe Lilly und Peter, seid ihr für uns. Ihr habt vielleicht nicht viel gelernt in der russischen Schule, aber ihr habt viel gelernt in der Schule des Lebens—und Gott war euer Lehrer. Deshalb danken wir euch, dass ihr, wie David, nicht aufgegeben habt, nie vergessen habt, wer ihr wirklich seid und dadurch ein Licht geworden seid für eine neue Generation. Ich hoffe und bete, dass wir das auch werden können für unsere Kinder. Die Welt braucht solche Menschen.

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